Samstag, 24. Januar 2009
 
Rauchverbote: "Dann werden wir zu Arbeits- und Konsumameisen!" PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Donnerstag, 7. Februar 2008

Es gibt Menschen, die sehnen sich nach Rauchverboten, es gibt welche die nehmen sie hin und es gibt RaucherInnen, die sich wehren. Ein Interview mit einer von den Letzteren.

Für Christine Côte scheint es nichts Wichtigeres im Leben zu geben als die Verteidigung des Tabakkonsums -- sie steht dabei in ihrer Verve auch den militantesten Tabakgegnern um nichts nach. Côte sieht hinter der Tabakprohibition hauptsächlich Interessen der Pharmaindustrie sowie eine Vereinzelungsstrategie der Herrschenden. Aber ihre Verschwörungstheorien sind nicht absurder als jene, die so mancher Tabakfeind vom Stapel läßt. Während die Tabaklobby und die Wirte offen und verständlicherweise gegen Rauchverbote sind und deswegen auch jedem anderen Prohibitionsgegner eine Industriefinanzierung unterstellt wird, werden die Verfechter von Rauchverboten oft als Wohltäter der Menschheit ohne unlautere Motive präsentiert. Côte sieht das anders, sehr anders.

Bernhard Redl von der akin, selbst militanter Raucher und nicht ganz unvoreingenommen, bat sie deswegen zum Interview und sprach mit ihr über Studien und Gegenstudien, Parteipolitik, Beiselkultur und den Spaß im Leben.

akin: Auf deiner Website (1) verbreitet es du ja immer wieder, die Schädigung durch Passivrauchen wäre eine Lüge. Wie kommst du da drauf?

C.C.:Ich komme da drauf, weil es von immer mehr Wissenschaftern angeprangert wird. Da gibts auch Studien von vor '98. Eine von der WHO und eine, die 38 Jahre lang durchgeführt wurde, und da gab es keine signifikanten Ergebnisse -- also irgendwas im Bereich von 10% höherem Risiko, das ist wissenschaftlich irrelevant.

Aber '98 hat die WHO die "tobacco free world" beschlossen. Seither wird mit allen Mitteln alles getan, um ein generelles Rauchverbot durchzuboxen. Bei diesem Plan geht es nicht um die Gastronomie oder die öffentlichen Gebäude. Der Plan ist, überall, auf der Straße, in Parks, in Wohnungen, in Autos das Rauchen zu verbieten. Es soll ein Genußmittel werden, das geächtet, moralisch nicht mehr vertretbar ist und man soll niemanden mehr sehen, der raucht.

akin: Aber gibt es da nur alte Studien oder auch neuere?

C.C.: Wir haben z B den Dr. Siegel, der enthüllt seit 8 Wochen in seinem Weblog (2) die Machenschaften der Pharmaindustrie und der Antiraucherbewegungen, wie sie die Lüge Passivrauchen verbreitet haben, obwohl sie wußten, daß es nicht stimmt, nur um die Rauchverbote durchzusetzen. Er erzählt, wie Dissidenten, andere Forscher, diskreditiert wurden, als sie versucht haben, die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen. Siegel hat selbst der Antiraucherindustrie angehört und er ist imer noch für Rauchverbote, aber er gibt zu, er habe gelogen, er habe auch verleumdet. Und er berichtet, wie man jedem Gegner eine Verbindung zur Tabakindustrie unterschoben habe. Es stimmt schon, die Tabakindustrie war früher auch nicht unbedingt engelhaft, aber mittlerweile ist sie vollkommen down und die Oberhand hat die Pharmaindustrie.

Jetzt ist da die ASH (3), das ist die älteste Antiraucherorganisation, die wurde '69 von einem Rechtsanwalt namens Banzhaf in den USA gegründet zum reinen Zwecke des Rauchverbots in den Fluggesellschaften. Dieser Rechtsanwalt klagte und klagte, um überall Rauchverbote durchzuboxen. Die häufigste Klage ist wegen Körperverletzung, die auch basiert auf dem Irrglauben der Gefährlichkeit des Umgebungsrauchs. Heute wird diese Behauptung wiederlegt von Prof. Ropohl, von Prof. Molimard in Frankreich, der Spezialist ist für Tabakentwöhnung, Prof. Philippe Even, einem Lungenfacharzt, und Prof. Stadler in der Schweiz, alle stehen auf, um diese Lüge anzuprangern. Aber natürlich werden diese Stimmen immer erstickt.

akin: Aber was hat die Pharmaindustrie davon?

C.C.: Sie kann ihre Ersatzmittel vermarkten. Sie machen irgend eine Studie, damit fangen sie an. Da gibt es dann Propaganda, daß irgendwas unheimlich viel Krankheiten zuzuschreiben seien. Und dann kommen sie natürlich auch mit ihren Produkten dagegen. Durch Rauchverbote, die möglichst unausweichlich sind, greifen die Menschen zu Ersatzmitteln, d.h. sie greifen in den Verbotsstunden im Büro, im Flugzeug, in der Bahn entweder zu den Ersatzmitteln oder sie versuchen, aufzuhören. Aber bei den Ersatzmitteln gibt es sehr gefährliche Stoffe, Champix hat beispielsweise schon 62 Selbstmorde (4) verursacht, das Zyban auch schon einige Tote und jetzt arbeiten sie an einer sogenannten Suchtimpfung auf Basis des Cholera-Virus. Diese Produkte sind teilweise tödlich.

Kürzlich war ein Podiumsdiskussion. da gabs den Prof. Neuberger von der "Initiative Ärzte gegen Raucherschäden" (5). Neuberger hat wieder all diese Lügen verbreitet. und allen Kritikern hat er vorgeworfen, sie seien Söldner der Tabakindustrie. Aber wer sponsert Neubergers Site? Die gesamte Pharmaindustrie, die diese Raucherentwöhnungsmittel produziert: Pfizer mit Champix und Nicorette, Glaxo mit Zyban und Niquitin, und Novartis mit Nicotinelle. Und uns unterjubeln sie, daß wir für die Tabakindustrie arbeiten!

akin: Du beobachtest ja die europäische Entwickung sehr genau. Bei uns wird ja meist berichtet, daß die Rauchverbote in den Beiseln mehr oder weniger akzeptiert werde. Was beobachtest du da?

C.C.: Es gibt in Großbritannien, in Deutschland, in Frankreich riesige Aufstände, aber es wird brutal zurückgeschlagen von der Macht. In UK wird mit horrenden Strafen zurückgeschlagen. Der zweite Wirt ist jetzt schon verurteilt worden zu 13.000 Euro. Es gab am 1.Juli auch einen sogenannten Defiance Day und da gabs organisierten Widerstand und einen Monat lang irrsinnig viele Aktionen, wo die Pubs boykottiert haben. Die kleinen Pubs am Land versuchen zu überleben, indem sie rauchen lassen, das erzeugt unheimlich viele Denunziationen. Am Anfang haben die Behörden nicht viel gegen den Boykott getan, aber jetzt schlagen sie mit diesen Strafen zu.

In Frankreich gibt es sehr viele Wirte im Widerstand durch offenen Boykott, einfach weil sie klein sind und sonst keine Gäste hätten. Da wird mit Polizeieinsätzen, mit Bussen mit 30 Polizisten drinnen aufgefahren -- und die Strafe ist 360 Euro für den Wirt. Für einen kleinen Wirt ist das viel, wenn es wiederholt wird. Diese Kommandos sind völlig überzogen -- nur wegen des Rauchens, bei einer Vergewaltigung hat man sowas noch nie gesehen.

akin: Und in Italien?

C.C.: Ja, in Italien gibt es ein Verfassungsurteil, da wurde schon 2005 geklärt, daß die Wirte nicht bestraft werden und zu Blockwarten gemacht werden dürfen. Südlich von Rom ist nichts vom Gesetz zu merken und ansonsten wird das eher locker gehandhabt. Da gibt es nicht viel offenen Widerstand, aber viele Umgehungen.

akin: Also mal abgesehen davon, daß du behauptest, daß der Umgebungsrauch nicht schädlich sei: Was sagst du zum Argument des Arbeitnehmerschutzes?

C.C.: Also die meisten wollen gar nicht geschützt werden, weil sie gern rauchen und auch ihren Arbeitsplatz behalten wollen und zweitens ist jetzt eine Studie herausgekommen vom BGN (6) vom Prof. Grieshaber. Das ist ein öffentliches Institut für Arbeitnehmerschutz, nicht von der Pharmaindustrie unterstützt, und Grieshaber ist stutzig geworden, weil diese eine Studie vom Deutschen Krebsforschungszentrum, WHO-Colloborationszentrum für Tabakkontrolle (7) in Nürnberg ist als Grundlage für die Rauchverbote seit Jahren verwendet worden. Und die reden immer von 5000 Passivrauchtoten in Deutschland jährlich. Die haben behauptet, daß ein Dieselmotor weniger gefährlich ist als ein Aschenbecher mit 3 Zigaretten. Grieshaber meinte, das könne nicht sein und hat alles wieder von Grund auf untersucht und entdeckt, nicht nur, daß das eine Lüge war mit den Toten, sondern auch daß die Schäden beim Gastronomiepersonal nicht von den Einflüssen im Gastraum stammten, sondern vor allem durch Streß etc. in der Küche.

akin: Kommen wir mal zum Parteipolitischen: die ÖVP bremst ja ein bisserl, wohl deswegen, weil sie die Wirten als ihre Klientel ansehen, aber warum glaubst du, ist die SPÖ so hinter der Raucherverbannung? Und warum die Grünen, deren Mitglied du bist?

C.C.: Ich komme nicht dahinter. Vielleicht glauben sie wirklich, daß es keine Konkurse bei den Wirten geben wird. Ich hab keine Ahnung, ob da irgendein Lobbying passiert, ich versteh das nicht. Von den Grünen schon gar nicht, denn die Heizstrahler sind ein Horror für die Umwelt...

akin: ... welche Heizstrahler?

C.C.: Na, in den Verbotsländern stehen die Heizstrahler vor den Lokalen, die machen alle Kyoto-Bemühungen zunichte. Jetzt will die EU diese Heizstrahler verbieten. Ein Verbot führt zum nächsten...

Natürlich gibt es einzelne Grüne und SPler, die gegen die totalen Rauchverbote sind, die sich aber trotzdem meistens der Parteilinie beugen. Interessanterweise sind die meisten Mitglieder und AktivistInnen für RaucherInnen-Rechte in der EU (mal abgesehen von den Interessensgemeinschaften der Wirte usw.) aus den Reihen der Grünen.

akin: Kommen wir zurück zum Passivrauchern -- lassen wir mal die Frage beiseite, ob es ungesund ist...

CC: ... na gesund ist es nicht, aber auch nicht gefährlich...

akin: ... aber viele Leute fühlen sich zumindest einfach nur belästigt. Was kannst du dir vorstellen als vernünftige Nichtraucherschutz?

C.C.: Ich kann mir nur vorstellen, daß sich die Wirten aussuchen, ob sie Raucher- oder Nichtraucherlokale betreiben wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Staat eingreift. Ich denke, da an die ganz kleinen Lokale, dort wo die sozial Benachteiligten sitzen, mit den kleinsten Einkommen, in diesen Lokalen gibt es 90% Raucher. Und wenn ein Arbeiter am Feierabend dort bei seinem Bier sitzt und mit einem Tschick, finde ich das völlig unmenschlich, ihm das zu nehmen. Die Leute, die jetzt Rauchverbote verlangen, wollen so ein Lokal gar nicht, ein einfaches kleines Beisl am Stadtrand, wo die Leute am Abend schnapsen -- das gehört zum Lebensstil dieser Menschen. Und dann würde es auch die Treffs vieler einsamer Menschen zerstören. Zum Beispiel die Pendler, die sind ganz allein unter der Woche, Pensionisten, Verwitwete -- einfach einsame Menschen, deren einziges Sozialleben das ist. Die sind nicht reich, die haben da einfach nur ihren Stammtisch. Da geht es nicht darum, in ein gepflegtes Lokal essen zu gehen, da geht es darum, ein zweites Wohnzimmer zu haben. Das wird ein Starbucks niemals ersetzen. Aber in Irland kaufen diese Ketten jetzt schon die alten Pubs auf.

Dazu kommt aber noch was Politisches: Wenn einmal die Lokale für die einfachen Leute weg sind und die für die Studenten, wo man trinkt, raucht, lacht, anbandelt, dann fallen damit auch die Treffs für die informellen politischen Versammlungen; sei es der einfach Austausch über die Unzulänglichkeit der Regierung an der Theke oder richtig organisierte Treffs zur Planung von Aktionen oder Gründung von Gruppen. Die fallen einfach weg, denn sowas macht man bei Starbucks nicht.

Und der Prof. Even, der Lungenarzt, formulierte, diese Passivrauchgeschichte sei ein intellektuell unerträglicher Betrug und eine Überschreitung der staatlichen Kompetenz. Er meint, er wisse nicht, ob das Absicht sei, diesen sozialen Rahmen abzuschaffen, aber das Ergebnis sei das gleiche. und dann sitzen die Leute allein in ihren Wohnungen vor dem Fernseher.

akin: Zum Abschluß noch was ganz Praktisches. Wir sitzen hier im gesteckt vollen Cafe Hummel einigermassen entspannt und rauchen -- hinten gibt es hier eine Nichtraucherbereich, da sitzt ein einsamer Gast. Wie glaubst du, wird das ausschauen, wenns ein generelles Rauchverbot gibt?

C.C.: Ganz wie anderswo auch. 40% des Publikums bleibt weg. Daß die Nichtraucher dann in Scharen kommen, stimmt nicht. Üblicherweise sind es etwa 2% mehr. Und die Übriggebliebenen bleiben kürzer und konsumieren weniger. Das ist dann doch kein schönes Leben mehr. Und es ist erniedrigend! Neuberger hat bei der Veranstaltung gesagt, es gehe darum, daß der Raucher keinen Spaß mehr hat und dann aufhört. Aber er hört nicht auf, er raucht daheim. Und jetzt wollen sie das auch zu Hause verbieten, in mehreren US-Gegenden ist das schon der Fall. Und die EU will es in den Schanigärten verbieten lassen und sie will Raucherklubs verbieten -- und dann kommt das natürlich auch im Auto und Zuhause. Und das müssen wir jetzt bremsen. Denn danach kommen der Wein und der Kaffee, da gibt es auch schon die entsprechenden Studien. Das ist zugleich eine Machtübernahme der Pharmaindustrie und eine Disziplinierung der Bevölkerung durch Spaßverbot, ganz einfach. Und dann werden wir zu Arbeits- und Konsumameisen!

akin: Ich danke für das Interview. ###


(1) http://www.raucherbewegung.eu/
(2) http://tobaccoanalysis.blogspot.com/
(3) Action on Smoking and Health, http://www.ash.org/
(4) Der Herstellerkonzern Pfizer meint über Champix, dass die Vorwürfe einfach nur auf Gerüchten basierten und es keinerlei wissenschaftlich gesicherte Hinweise auf kausale Zusammenhänge zwischen dem Wirkstoff Varenicline und depressiver Verstimmung der Patienten gäbe (http://www.aerzteinitiative.at/ChampixSuicid.pdf). Die US-amerikanische Food and Drug Administration nimmt diese Berichte dennoch so ernst, daß sie nun mit Untersuchungen über dieses Medikament begonnen hat (http://www.fda.gov/cder/drug/early_comm/varenicline.htm).
(5) http://www.aerzteinitiative.at/ Ganz unten auf der Startseite der Site sind die Links zu den Sponsoren angegeben.
(6) Korrekt: Romano Grieshaber ist Präventionsleiter der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) in Deutschland. Ein Abstract der zitierten Studie findet sich unter: http://www.presseportal.de/pm/68429/1072812/
berufsgenossenschaft_nahrungsmittel_und_gaststaetten

(7) http://www.tabakkontrolle.de/

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